Als Gegenentwurf zu einem dauerhaften Leben in psychiatrischen Kliniken eröffnete der SkF Würzburg 1987 das Langzeitwohnheim Haus Gertrud für Menschen mit psychischer Erkrankung im Würzburger Stadtteil Pleich. Zwei Jahre später, im Dezember 1989, übernahm der damals 29-jährige Diplom-Sozialpädagoge Detlef Steinwachs die Leitung des Hauses.
Bereits 1994 wurde das Haus Gertrud mit seinen 20 Plätzen für Bewohnerinnen und Bewohner unter Steinwachs Federführung mit einer Wohngruppe um vier zusätzliche Plätze ergänzt. Die Wohnform der Wohngruppe erweiterte das Konzept von Haus Gertrud für Bewohnerinnen und Bewohner mit mehr Alltagskompetenzen und Ressourcen. Im Gegensatz zum Wohnen in einem Wohnheim muss hier der eigene Haushalt selbständiger versorgt werden und der Grad der Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner für ihr eigenes Leben steigt.
Die Vision der höchstmöglichen Selbständigkeit, seine Überzeugung und der Glaube an die Bewohnerinnen und Bewohner trieben Steinwachs während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit und bei der Umsetzung zukünftiger Projekte an.
So eröffnete er 1999 das Kleinheim in der Bärengasse, das neun Bewohnerinnen und Bewohnern eine neue Heimat bot und wiederum mehr Selbstbestimmung, aber auch mehr Verantwortung für das eigene Leben mit sich brachte. Mit diesem dritten Baustein wurde das Haus Gertrud zu einem Wohnverbund und erhielt seinen heutigen Namen.
Wichtig war Steinwachs immer die Öffnung des Wohnverbundes in den Stadtteil Pleich hinein
Aus diesem im Konzept verankerten Gedanken entstand auch der jüngste Baustein: Das im Jahr 2013 eröffnete Bürgerhaus Pleich, das Detlef Steinwachs in Zusammenarbeit mit der Stadt Würzburg konzipierte. Im Bürgerhaus Pleich entstanden fünf ambulant betreute Wohnplätze für Menschen mit psychischer Erkrankung und ein Café. Das Ziel: Die Bewohnerinnen des Bürgerhauses schaffen sich über das Zuverdienst-Projekt im Bürgerhaus-Café einen Teil ihrer Tagesstruktur und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Zusammenleben im Stadtteil. Das Konzept ging auf und das Bürgerhaus-Café etablierte sich binnen kurzer Zeit als offenes Café, Stadtteiltreff, als Treffpunkt für Vereine, Selbsthilfegruppen und Interessensgemeinschaften sowie als Tagungsraum.
Steinwachs baute den Wohnverbund Haus Gertrud in den vergangenen 32 Jahren als Institution in der Pleich und in Würzburg auf und aus. Er erweiterte die Bandbreite des Wohnverbundes kontinuierlich, stets am Bedarf der Menschen orientiert und ermöglichte damit vielen Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung ein möglichst selbstbestimmtes Leben in einem Zuhause mitten in der Stadt. Langjährige Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnverbundes wurden in die Lage versetzt, ihre Alltagskompetenzen zu erweitern und in eine ihrem Unterstützungsbedarf angepasste Wohnform zu ziehen und dort zu leben. Auch neuen Bewohnerinnen und Bewohnern bietet sich dadurch die Möglichkeit, die für sie geeignetste Wohnform zu finden.
Anfang 2022 übergab Steinwachs die Leitung des Wohnverbundes nun an seinen Nachfolger Michael Kramer. Kramer kennt den Wohnverbund seit vielen Jahren. Von 2005 bis 2006 leistete er seinen Zivildienst im Haus Gertrud, danach war er während seines Studiums der Sozialen Arbeit bis 2009 als Hilfskraft im Wohnverbund tätig. Nach dem Abschluss seines Masterstudiums und Berufserfahrung in den Bereichen Forschung, Erwachsenenbildung und Jugendarbeit, kam er 2019 in den Wohnverbund zurück und übernahm ab 2020 die stellvertretende Leitung.
Die symbolische Schlüsselübergabe – Hefeteig-Schlüssel gebacken von SkF-Küchenmitarbeiterinnen – konnte Corona-bedingt nur im ganz kleinen Kreis stattfinden. Geschäftsführer Wolfgang Meixner, die Vorstandsfrauen Dr. Anke Klaus und Ruth Reinfurt, sowie Bereichsleiterin Anna-Elisabeth Thieser dankten Steinwachs für seine über 30-jährige engagierte Arbeit nicht nur für und mit Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung sondern auch für und mit seinem Team. Steinwachs habe vieles geschaffen und zwar immer mit Weitblick. Seine Erfahrungen und Expertisen habe er der Fachwelt stets bereitwillig zur Verfügung gestellt.
Seine Kolleginnen und Kollegen und die SkF-Leitungsebene beeindruckte Steinwachs durch seinen Einsatz weit über die Grenzen von Haus Gertrud hinaus, seine Menschenkenntnis, seine Empathie, seine Geduld, seine Fähigkeit zuzuhören und vor allem durch seinen unermüdlichen Einsatz für ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und Eigenverantwortung für die Menschen im Wohnverbund Haus Gertrud.
„Ich durfte beim SkF Würzburg viel lernen und entwickeln und dabei mir selbst treu bleiben“, bedankte Steinwachs sich bei den Trägervertreterinnen- und Vertreter gab einen kleinen Einblick in sein Leben nach der Berufstätigkeit, in dem er sich unter anderem auf seine Traumrolle als Großvater freut.
Claudia Jaspers