Auf Einladung der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft sind der Vorsitzende des Diözesan--Caritasverbands (DiCV), Domkapitular Clemens Bieber, Dr. Stefanie Kainzbauer, Abteilungsleiterin beim DiCV und Heribert Strykowski von der Flüchtlingsberatung der Caritas nach Aub gekommen, um sich im Auftrag des Bischofs ein Bild von der Lage derer zu machen, die bei uns Zuflucht und Heimat suchen. Es war deren ausdrücklicher Wunsch, der Bischof selbst oder ein anderer Verantwortungsträger der Kirche mögen das persönliche Gespräch suchen.
Bieber betont: „Unser Anliegen als Caritas ist es, alle im Blick zu haben, die auf Hilfe angewiesen sind. Seit Jahrzehnten engagiert sich die Caritas in den unterfränkischen Gemeinschaftsunterkünften, berät die Asylbewerberinnen und -bewerber, stellt Anwälte für die notwendigen und oft langwierigen Anerkennungsverfahren bereit und hilft immer wieder mit ganz praktischen Dingen, Fahrkarten, Kinderspielzeug, Kleidung etc.“ Das Engagement der Caritas könne schon deshalb gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, weil es nicht einmal zu einem Drittel vom Staat refinanziert werde, sondern nur über Kirchengelder und Spenden aufrechterhalten werden könne.
Der Staat hat auch in Aub einiges getan, viel Geld in die Hand genommen und umfangreiche Sanierungen und Umbauten im Sinne der Bewohner vorgenommen. Das ist ganz offensichtlich. Jede Familie hat nun eine eigene Küche, die sanitären Anlagen sind in einem tadellosen Zustand, auf den Zimmern stehen neue Fernsehgeräte. Die scheinen besonders wichtig zu sein, denn das größte Problem in dieser wie auch in anderen Unterkünften ist die Langeweile.
„Ich stehe morgens auf, gehe dann durch alle Gänge des Schlosses und freue mich, wenn so die erste Stunde des Tages vorüber ist“, berichtet ein Flüchtling aus Afghanistan, der seit mehreren Jahren auf den Abschluss seines Asylverfahrens wartet. Er würde natürlich viel lieber jeden Tag arbeiten gehen. Asylbewerber haben es besonders schwer bei der Suche nach Arbeit. Wenn, dann dürfen sie lediglich Tätigkeiten verrichten, die den Einheimischen oder anderen Bürgern der EU nicht zuzumuten sind. Von dieser Art Arbeit gibt es in Aub nur wenig. Einigen ist es gelungen, einen Job in einem nahegelegenen Betrieb zu ergattern, ein paar arbeiten auf 1-Euro-Basis in der Gemeinschaftsunterkunft und sorgen für Sauberkeit. Das Gros der Bewohner schlägt die Zeit tot, meistens vor dem Fernseher.
„Wir brauchen dringend Sprachkurse, denn die Sprache ist der Schlüssel zur Integration“, bringt es ein Asylbewerber aus dem Irak auf den Punkt und fügt an, dass es staatlicherseits solche Kurse nicht geben würde, weil bis zum Abschluss des Asylverfahrens kein echtes Interesse an Integration bestünde. Im Gegensatz zur medial sehr präsenten Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg, in der es inzwischen ein reichhaltiges Angebot an Kursen und Aktivitäten gibt, bleiben die anderen Einrichtungen im wahrsten Sinne „außen vor“. „Wir können nicht einfach in den Bus steigen und nach Würzburg fahren. Das gibt das geringe Taschengeld nicht her.“, moniert ein junger Mann aus Aserbaidschan und sein Mitstreiter, der anmerkt, er sei mal Boxjugendmeister im Iran gewesen fügt hinzu: „Ich habe mich in Würzburg beim Boxclub vorgestellt. Die haben mir sogar eine Empfehlung geschrieben, aber ich habe keine Chance, am Training teilzunehmen, weil das Busfahren zu teuer ist und nach dem Training kein Bus zurück nach Aub fährt.“
Wie sieht man in Aub den Streik der Iraner in der Würzburger Innenstadt, will die Delegation aus Würzburg wissen. So richtig könne man das Gebaren nicht nachvollziehen. Ohnehin habe man das Gefühl, dass es den Würzburgern viel besser gehe. Wenn die zu einer Behörde müssen, gehen sie einfach hin. Wenn sie Sport machen wollen, gehen sie einfach in einen Verein. Einen Hungerstreik halte man für unangebracht und völlig überzogen.
In Aub gibt man sich bescheidener. Die Bewohner bringen den Leuten von der Caritas keine politischen Forderungen entgegen, sondern äußern ganz konkrete Wünsche. Man wolle sich in die kirchliche und die politische Gemeinde konstruktiv einbringen, teilhaben am ganz normalen Leben und so der tödlichen Langeweile entgehen. Man wünsche sich dringend Sprachkurse und eine Abschaffung der Lebenensmittelpakete. Auf den ersten Blick erscheint die Auswahl reichhaltig. Aber es braucht nur wenig Fantasie, um zu verstehen, dass es nach wenigen Monaten sehr eintönig auf den Tellern zugeht. Nur noch Bayern und Baden-Württemberg arbeiten so, während andere Bundesländer längst auf Einkaufsgutscheine oder Geld setzen. Dabei verschluckt allein die Logistik für die Essenspakete Unsummen, die man fruchtbringender einsetzen sollte. Ebenfalls sehr wünschenswert erscheint den Bewohnern der Zugang zum Internet, weil er die Kommunikation mit der Familie in der Ferne und die Suche nach Arbeit in der Region erleichtern würde.
Ein ganz zentrales Problem ist und bleibt die Suche nach Wohnraum für jene, die nicht mehr von Rechts wegen verpflichtet sind, in der Gemeinschaftsunterkunft zu leben. Die Amtssprache nennt sie Fehlbeleger, von denen es allein in Würzburg einhundert gebe. Domkapitular Bieber: „Ich hätte selbst nicht gedacht, dass sich das als so große Herausforderung erweist. Wir haben mit den Wohnungs- und Siedlungswerken gesprochen und waren erstaunt und enttäuscht über das geringe Interesse und Engagement für diesen wichtigen Bereich.“
Den anwesenden Bewohnern, die sich über den Besuch aus Würzburg froh und dankbar zeigten, versprach die Delegation der Caritas, die vorgetragenen Anliegen immer wieder an den entscheidenden Stellen einzubringen und selbst Ausschau danach zu halten, wie man auch in Aub noch besser helfen könne.
Weitere Informationen der Caritas finden Sie hier.