Gut 250 Gäste aus Caritas und Kirche, Gesellschaft und Politik folgten der Einladung des Diözesan-Caritasverbandes Würzburg zum diesjährigen Vinzenztag nach Schweinfurt. Ort des festlichen Gottesdienstes und der anschließenden Verleihung der Vinzenzpreise war das Zentrum für Caritas und Pastoral "casa Vielfalt".
„Wir brauchen Feldlazarette“
In seiner Auslegung des Sonntagsevangeliums, das die Geschichte vom reichen Prasser und dem armen Lazarus berichtet, nahm Bischof Franz Jung Bezug auf die Jahreskampagne der Caritas: „Das machen wir gemeinsam“. Während der Reiche zu Lebzeiten und selbst noch im Tod nur um sich kreise, gehe es darum, Not gemeinsam zu sehen und zu lindern. „Die Hölle“, so der Bischof, „ist kein Bild für das Jenseits, sondern die Trennung vom Anderen, vom Nächsten in dieser Welt.“ Würzburgs Bischof erläuterte, dass die Bezeichnung „Lazarett“ ihren Ursprung beim biblischen Lazarus habe und im caritativen Tun eine Antwort gebe auf die unterlassene Hilfe, die Lazarus erfahren musste. „Wir brauchen in unserer Welt Feldlazarette“, so Bischof Franz. Dies sei mit Blick auf den furchtbaren Krieg in der Ukraine augenscheinlich. Aber: „Es gibt noch viele andere Frontlinien, an denen der Kampf gegen die Armut ausgetragen wird.“ Wo haupt- und ehrenamtlich Engagierte sich der Geflüchteten annähmen, wo in Bahnhofsmissionen und an anderen Brennpunkten Hilfe geleistet werde, da seien diese Lazarette zu finden. „Und manchmal nimmt sich das Feldlazarett der Caritas schon der Kleinsten an, wenn wir zum Beispiel an unsere vielen Kindertageseinrichtungen denken“, führte der Bischof aus und würdigte das Engagement für Kinder und ihre Familien im Sozialraum.
Das gemeinsame Tun könne nur gelingen, wenn Kirche und Caritas Hand in Hand und gut vernetzt für die Menschen unterwegs seien. Das neue St. Anton sei ein herausragendes Beispiel dafür. „Ich setze auf eine caritative Pastoral und eine pastorale Caritas“, sagte Bischof Franz und schloss seine Predigt: „Ich wünsche mir, dass wir im gemeinsamen Tun nicht erlahmen. Denn die Armen liegen bis zum heutigen Tag vor unserer Haustür. Wohl denen, die Not sehen und handeln!“
Abschied von Stadtpfarrer Joachim Morgenroth
Vor dem Schlusssegen dankte Bischof Franz Jung Schweinfurts Stadtpfarrer Joachim Morgenroth vor dessen Eintritt in den Ruhestand für seinen Dienst. „Ich weiß, dass die Aufgaben, die sie übernommen haben, nicht ganz einfach waren“, so Bischof Jung. Aber es sei gelungen, Schweinfurt zur ersten großen Pfarrei im Bistum zusammenzuführen. Für die Zukunft wünschte der Bischof Gottes Segen.
Ein Anspiel zum Beginn, biblische Lesungen, ein meditativer Text und Fürbitten wurden von haupt- und ehrenamtlichen der Caritas übernommen und stellten das hilfreiche Wirken für die Menschen in den Mittelpunkt. Musikalisch gestaltet wurde der Festgottesdienst durch Regionalkantor Martin Seiwert, Sänger Destiny Omakajuola Olusegun (Rock the Nations) und Pianist Felix Schneider-Restschikow.
Gruß des Geschäftsführers Frank Kupfer-Mauder
Für den Caritasverband Schweinfurt ergriff Geschäftsführer Frank Kupfer-Mauder das Wort. „Es ist uns eine Ehre, dass der diesjährige Vinzenztag hier in St. Anton, im Zentrum 'casa Vielfalt' begangen wird.“ Kupfer-Mauder stellte die vielen Einrichtungen, die sich im Zentrum für Caritas und Pastoral befinden vor. „Wir bieten hier Begleitung, Beratung und Seelsorge für die Menschen an.“ Teilhabe und Inklusion seien die großen Themen im Haus und Verband. „Hier wird christliches Leben erfahrbar gestaltet.“
Gruß des Oberbürgermeisters
Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé, selbst Gemeindemitglied von St. Anton, würdigte das Tun von Kirche und Caritas für die Stadt und Region Schweinfurt. St. Anton sei der ideale Ort, um den Vinzenzpreis für ehrenamtliches Engagement zu überreichen. „Heute möchte ich einfach nur danken“, so Remelé, „für den großartigen Dienst so vieler in den sozialen Einrichtungen, in Kitas, Schulen, Pflegeheimen und Rettungsdiensten unserer Stadt und Region. „Sie sind als Menschen da und hören zu, und das ist so wichtig für die, die in Not sind.“ Zugleich erinnerte der Oberbürgermeister an das große Leid in der Ukraine, die er vor wenigen Tagen besucht habe. „Wir stehen bei uns vor großen Herausforderungen, aber wir sollten immer wissen, wie gut es uns dennoch geht.“ St. Anton ist ein guter Ort, um innezuhalten.
Vinzenzpreise 2022
Was auf dem großen Kirchplatz geplant war, musste witterungsbedingt in die Kirche verlegt werden. So begrüßte Domkapitular Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg zur Vergabe des Vinzenzpreises. Doch zuvor dankte Bieber Bischof Franz Jung für die gehaltvolle Auslegung des Sonntagsevangeliums vom reichen Prasser und armen Lazarus. „Als Caritas ist es unsere Aufgabe, Brücken zu bauen zwischen den Generationen und allen Schichten“, so Bieber. Die von der Jury ausgewählten Projekte zeigten dies ebenfalls. „Die Entscheidung war nicht leicht. Es gibt keinen ersten, zweiten und dritten Preis. Alle Preise sind in diesem Jahr gleichberechtigt und erhalten 2.000 Euro.“
Eigens aus München war Hedwig Gappa-Langer, zuständig im Caritas-Fachverband IN VIA für die Bahnhofsmissionen im Freistaat Bayern angereist und würdigte die Vergabe des Vinzenzpreises an die Bahnhofsmission Schweinfurt. „Seit gut 100 Jahren arbeitet die Bahnhofsmission ökumenisch und erkennt immer wieder die Zeichen der Zeit.“ Nur im guten Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamtlichen sei das Engagement für die Menschen möglich. „Menschen finden in der Bahnhofsmission immer ein offenes Ohr und erste Hilfe. Sie ist und bleibt ein wichtiges niederschwelliges Angebot.“
Mit viel Applaus übergab Bischof Franz Jung Urkunde und symbolischen Scheck an Martina Fallmann, Geschäftsführerin des Fachverbandes IN VIA Würzburg, und die Gruppe der Ehrenamtlichen.
Mit dem Überfall auf die Ukraine sei in der Region Rhön-Grabfeld ein hilfreiches Netzwerk für Geflüchtete entstanden, in dem sich vor allem Ehrenamtliche mit vielen Ideen und Herzblut bis heute einbrächten, sagte Laudatorin Eva Böhm, stellvertretende Landrätin im Landkreis Rhön-Grabfeld. „Die Caritas in Rhön-Grabfeld hat sich wieder als gutes Scharnier der vielen Akteure erwiesen.“ Caritas, Kirchengemeinden, Kommunen und der Landkreis hätten gemeinsam viel Gutes für die Frauen und ihre Kinder bewirken können, die aus der Ukraine flüchten mussten. Von der Aufnahme, über die Erstausstattung mit Kleidung und Lebensmitteln, bis hin zur Begleitung zu Ämtern und Behörden; alles das wäre ohne Ehrenamtliche nicht dankbar gewesen. „Ihr seid ganz einfach toll“, lobte Böhm die Caritas und das große solidarische Netzwerk der Hilfen.
Nach der Übergabe der Urkunde und des Schecks durch den Würzburger Bischof dankte Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs für die Auszeichnung. Sie gelte in erster Linie den über einhundert Ehrenamtlichen aus allen Bereichen der Gesellschaft. „Mir wird diese besondere Zeit, in der wir alle über unseren Grenzen hinaus angepackt haben, immer in Erinnerung bleiben“, so Ochs.
Ein Preis ging schließlich nach Würzburg an den ehrenamtlichen Vorstand der Kita St. Barbara. In seiner Laudatio würdigte Fachreferent Michael Deckert vom Diözesan-Caritasverband insbesondere das lange und segensreiche Wirken von Sigmar Stumpf. Er sehe im Modell der ehrenamtlich verantworteten Kita nicht nur eine geschichtliche Besonderheit für Unterfranken, sondern eine Idee, die durchaus Zukunft habe. „Wir halten daran fest, dass die Kita-Arbeit dort verantwortet wird, wo sie erbracht wird“, so Deckert. Sigmar Stumpf haben in seiner Zeit immer erkannt, was dran sei und die Einrichtung kontinuierlich im Sozialraum entwickelt. Damit stehe er stellvertretend für viele ehrenamtliche Vorstände in Trägervereinen und zeichne sich doch durch ein besonderes Engagement aus. „Inzwischen hat sein Sohn die wichtige Aufgabe übernommen, sodass das Amt in der Familie vererbt wird“, scherzte Deckert und wünschte Stumpf, der das 80. Lebensjahr längst hinter sich gelassen hat, weiterhin alles Gute.
Mit einem großen Gruppenfoto aller Preisträgerinnen und Preisträger endete der Festakt. Für die musikalische Rahmung sorgte erneut die Band Rock the Nations, die 2021 als vorbildliches Integrationsprojekt mit einem Vinzenzpreis bedacht worden war.
„Es ist höchste Zeit, sich zu stärken“, lud Domkapitular Clemens Bieber zu einem Imbiss an verschiedenen Orten im neuen St. Anton ein.
Geselliges Beisammensein
Am Nachmittag nutzten zahlreiche Gäste die Gelegenheit, das Zentrum "casa Vielfalt" mit Führungen durchs Haus kennenzulernen. Viele zeigten sich begeistert von der modernen Architektur und vom zukunftsweisenden Konzept, das pastorale und caritative Angebote unter einem Dach zusammenfasst.
Als sehr gelungen lobten Gäste aus Nah und Fern den festlichen Tag. Auch wenn das Wetter schlecht gewesen sei, habe dies der guten Atmosphäre keinen Abbruch getan. Das neue St. Anton sei seiner Aufgabe, Leuchtturm für Kirche und Caritas zu sein, im hohen Maße gerecht geworden.
Sebastian Schoknecht