Populismus, Fake News, Verschwörungstheorien und Hatespeech. Martin Hartmann bezeichnete sie in seinem Vortrag als Indizien für die Zerstörung des Vertrauens in viele Institutionen der modernen Gesellschaft. Dabei beruhten gerade diese Institutionen stark auf Vertrauen, so der Hochschulrektor und Professor für Praktische Philosophie der Universität Luzern (Schweiz). Ob Wissenschaft, Politik, Armee oder Banken, letztlich benötigten sie alle das Vertrauen der Menschen. „Der demokratische Staat besteht aus Bürgerinnen und Bürgern, die ihm vertrauen – oder eben nicht vertrauen“, erklärte Hartmann.
Was Vertrauen verhindert
Wie er weiter erläuterte, reichten Vertrauenswürdigkeit und Fakten in einer zunehmend unvorhersehbaren Gesellschaft nicht mehr aus, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Es sei mehr nötig. Denn auch eine gesunkene Fehlertoleranz, die Vorherrschaft von Algorithmen oder Zeitmangel erschwerten das Entstehen von Vertrauen. Eine Rolle spiele zudem die mangelnde Bereitschaft sich für andere Perspektiven zu öffnen oder Unsicherheit auszuhalten. So habe man Kindern früher mehr Freiräume zugestanden als heute, nannte der Professor ein Beispiel.
Wodurch Vertrauen wächst
Hartmann betonte: „Vertrauen hat etwas mit akzeptierter Verletzlichkeit zu tun“. Denn Vertrauen bedeute immer auch Verzicht auf Kontrolle. Aber, so fuhr er fort, „Wir wollen Sicherheit“. Sein Urteil: Die Gesellschaft habe die Fähigkeit zu vertrauen ein Stück weit verlernt. Für die Zukunft hofft er darauf, „dass wir uns Vertrauensräume wieder erarbeiten“. Dafür sei es wichtig Erfahrungs- und Begegnungsräume zu schaffen. So ein Raum ist der Diözesanempfang.
Vor dem anschließenden geselligen Austausch im Foyer des Zentralen Hörsaal- und Seminargebäudes der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, dankte Bischof Dr. Franz Jung dem Redner für seinen „faszinierenden Vortrag“. Bereits eingangs hatte der Theologe betont: „Vertrauen ist soziales Kapital und der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält.“ Im Hinblick auf das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr 2025 ermunterte Jung die Zuhörerinnen und Zuhörer, Pilger der Hoffnung zu bleiben und das Vertrauen nie zu verlieren. Die Gäste hatten später Gelegenheit eigene Hoffnungsgeschichten zu teilen.
Dem Bischof schloss sich die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Dr. Irme Stetter-Karp, an. „Wo Vertrauen wächst, können Menschen ermutigt werden“, sagte sie in ihrem Grußwort. Der 104. Deutschen Katholikentag steht unter dem Motto „Hab Mut, steh auf!“ und findet 2026 in Würzburg statt.
Besucherstimmen
Im vollen Foyer des Universitätsgebäudes sagt Beate Fleischmann, Mitarbeiterin im Caritasverband für die Diözese Würzburg: „Mehr in andere Menschen zu vertrauen, finde ich ein gutes Ziel“. Stefan Weber, Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Würzburg, nimmt mit: „Dass Vertrauen mit Zutrauen zu tun hat“. Der ehrenamtliche Stadtbeauftragte der Malteser Würzburg, Joachim Gold, meint: „Im Ehrenamt ist Vertrauen ganz wichtig.“ Nur so könne man gemeinsam agieren. Und Georg Sperrle, Geschäftsführer der Caritas-Einrichtungen gGmbH, sieht den Austausch beim Diözesanempfang als eine Basis für vertrauensvolles Miteinander – auch dazu trägt die jährliche Einladung des Bischofs, der Domschule und des Diözesan-Caritasverbandes bei.
Anna-Lena Herbert
Der Vortrag von Professor Martin Hartmann beim Diözesanempfang können Sie auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg in voller Länge ansehen.