Wer hierher komme, spüre sofort die Zuneigung, Fürsorge, das Angenommensein und die Unterstützung, für die Menschen, die hier lebten. Umso erschreckender sei es, wenn man an die Zeit des Nationalsozialismus zurückdenke und dabei daran erinnert wird, dass auch Bewohner von Bildhausen damals unter diesen Opfern waren. „Deshalb müssen wir immer wieder daran erinnern, um zu verhindern, dass solch eine Katastrophe geschieht“, so Bieber in Maria Bildhausen. Ein deutliches Zeichen dafür nannte der Domkapitular das Euthanasie Mahnmal in der Einrichtung für Behinderte.
379 Kerzen für die Opfer
An das Nicht-Vergessen hatte zuvor auch Rainer Waldvogel, Gesamtleiter des Dominikus Ringeisenwerkes in Maria Bildhausen, erinnert. Er verwies dazu auf die jüngsten Demonstrationen gegen rechts beziehungsweise die AfD in den verschiedenen deutschen Städten. Es sei wichtig auf die Geschichte der Menschen zu verweisen, die in der Zeit des Nationalsozialismus ums Leben kamen. An sie erinnerten beim Gedenkgottesdienst 379 Kerzen, die an die aus den Einrichtungen des Dominikus-Ringeisen-Werks im Dritten Reich ermordeten Menschen erinnerten. Die Kerzen waren in Form des Dominikus- Ringeisen-Zeichens angeordnet, ein Baum mit sieben Ästen. Gemeindereferentin Maria Krines erläutert, dass die sieben Äste die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit symbolisierten: Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde beherbergen, Gefangene befreien, Kranke besuchen und Tote begraben. „An diesem Zeichen wird deutlich was Dominikus Ringeisen wichtig war,“ sagte Krines. Sie verwies auch auf acht Kerzen vor dem Altar. Sie erinnerten konkret an die Bewohner, die aus Maria Bildhausen in der Zeit des Nationalsozialismus verschleppt und getötet worden waren.
Christen des Wortes und der Tat
Darauf ging auch Domkapitular Clemens Bieber in seiner Ansprache ein. Zu den großen Protesten der vergangenen Tage sagte er, dass diese zwar wichtig seien, aber längst nicht ausreichen. „Es braucht Menschen, die durch ihr Handeln, durch ihren Einsatz für das Leben, gerade für das geschwächte anderen Hoffnung und Mut machen.“ Auf das Tagesevangelium eingehend sagte er, dass jeder, der die Botschaft Jesu ernst nehme, immer wieder in innere Spannungen gerate.
Im Leben für das Leben brauche es Mut und Standfestigkeit. Gerade die deutsche Geschichte zeige, wie wichtig es sei, dass auch die Kirche eindeutig Stellung bezieht, so wie Bischof von Galen in der Zeit des Nationalsozialismus. Das Tun der Kirche werde immer unterschiedliche Reaktionen hervorrufen, „wenn wir Profil zeigen und auch den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen.“ Dazu seien Christen des Wortes und der Tat in allen gesellschaftlichen Schichten notwendig. Die Botschaft Jesu rufe dazu auf, sich immer bewusst für die Lebenserhaltung zu entscheiden, so der Domkapitular: „Ich wünsche uns, dass wir die Welt um uns herum immer wieder unruhig machen mit dem Anspruch Jesu, denn dann werden wir ernst genommen in unserem Auftrag als Kirche.“
Mahnmal für die Opfer der Euthanasie
Im Anschluss an die Messfeier in der Klosterkirche Maria Bildhausen führte der Weg zum beeindruckenden Mahnmal für die Opfer der Euthanasie. Domkapitular betonte, dass es an die in grausame Tat umgesetzte, menschenfeindliche NS-Ideologie erinnere. Man habe damals Behinderte aus der Welt schaffen wollen, dadurch sei die Welt „Igrausam und tödlich“ geworden. Heute hingegen habe Papst Franziskus die Gläubigen in aller Welt eingeladen, auf Menschen mit Behinderungen zu achten. Dabei sei es wichtig Zugang zu Bildung und Beschäftigung an Orten, an denen sie kreativ sein können, zu schaffen. Etwas, das gerade in Maria Bildhausen geschieht.
Hanns Friedrich