Ein halbes Jahr lang hatten sich die elf Mädchen unter Leitung ihrer Konrektorin Dietlinde Brüggemann auf diesen Auftritt vorbereitet. Es hatte sich gelohnt. Der mächtige Rhythmus der "D' Rhön Drummers" der Irena-Sendler-Schule aus Hohenroth zog die rund 200 Gäste aus Politik, Behörden und Caritas vom Stehempfang schnell in die Turnhalle der Don-Bosco-Schule, wo sie Caritasdirektor Martin Pfriem zum Vinzenztag des Diözesan-Caritasverbandes begrüßte. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Mach dich stark für starke Kinder".
Fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren leben in Deutschland auf dem Grundsicherungsniveau, so Pfriem. In Armut zu leben bedeute vielfach soziale Ausgrenzung, ein höheres Gesundheitsrisiko, schlechtere Bildungschancen und geringere Chancen am Arbeitsmarkt. Eines der wichtigsten sozialpolitischen Ziele müsse deshalb die Verhütung von Armut und die Förderung von Bildung bei Kindern und ihren Familien sein. Bildungshindernisse wie mangelnde Sprachkenntnisse müssten frühzeitig erkannt und abgebaut werden. "Wir sind eingeladen und aufgefordert, an unserer Kirche für Gegenwart und Zukunft und an einer gerechten Gesellschaft weiterzubauen", appellierte Pfriem an die Anwesenden.
Mit einer dreijährigen Befähigungsinitiative wolle die Caritas die Lebenschancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher verbessern. Gabriele Göhring, beim Deutschen Caritasverband Projektleiterin dieser Initiative, stellte deren Inhalte und Ziele vor. Von Staat und Kommunen forderte sie Rahmenbedingungen wie die Sicherung des Existenzminimums für Kinder und Familien, eine niederschwellige Gesundheitsvorsorge und -Prävention, ein Schulsystem, das den Vererbungszyklus von Bildungsarmut unterbricht und die Abschaffung rechtlicher Hürden, die den Zugang von Migrantenkindern zu Bildungseinrichtungen erschweren. Auch die Caritas als bundesweit größter Arbeitgeber sei in die Pflicht genommen, neue Assistenzberufe zu schaffen und verstärkt Ausbildungsplätze für benachteiligte junge Menschen zur Verfügung zu stellen, mahnte Göhring.
Acht Preisträger beim Vinzenzpreis
Lang ersehnter Höhepunkt des Vinzenztages war die Preisverleihung des Vinzenzpreises, den der Diözesan-Caritasverband zum zweiten Mal ausgelobt hatte. Kinder- und Jugendgruppen waren dazu aufgefordert worden, ihre Wünsche und Erwartungen an das Leben, ihre Ängste oder Perspektiven zu formulieren. Da viele Startchancen ins Leben durch äußere Faktoren bestimmt werden, waren auch die unterfränkischen Kommunen aufgefordert worden, ihre Bemühungen und Infrastrukturen für Kinder und Jugendliche darzustellen. Nachdem Vertreter aller acht prämierten Projekte Gelegenheit hatten, ihre Arbeiten auf der "Roten Couch" vorzustellen, lüfteten die Caritasvorsitzenden, Domkapitular Dietrich Seidel und Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm, das Geheimnis.
Den Hauptpreis mit 1.000 Euro in der Kategorie Jugendgruppe bekam die Würzburger Elisabeth-Weber-Schule. Kinder aus der vierten und fünften Jahrgangsstufe, die im therapeutischen Heim St. Joseph wohnen, hatten dafür auf einer großformatigen Stadtplancollage ihre Wünsche, Erwartungen und Ängste formuliert.
Zwei zweite Preise in Höhe von jeweils 500 Euro bekamen die Würzburger Schönstatt-Mädchenjugend und die Kindertagesstätte St. Sebastian in Dettelbach. Die Dettelbacher waren mit ihrer kompletten Vorschulgruppe zum Vinzenztag angereist und führten ihr Lied vom "Stark sein" vor.
Anerkennungspreise in Höhe von je 250 Euro bekamen die türkische Jugendgruppe Halkevi aus Aschaffenburg, die sich als erste ausländische Gruppe dem dortigen Stadtjugendring angeschlossen hat, und das Würzburger Haus St. Lioba.
Der Hauptpreis mit 2.000 Euro in der Kategorie Kommunen ging an die Gemeinde Marktheidenfeld für ihr Projekt "Minigolf Downtown". Als 2003 die dortige Minigolfanlage schloss, eröffnete die Gemeinde sie wieder mit benachteiligten deutschen und ausländischen Jugendlichen und band sie eng in das Projekt ein. Die Jugendlichen werden hier zu Eigenverantwortung, Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Kreativität erzogen. Mit Hilfe von EU-Mitteln kann ihnen die Gemeinde sogar einen kleinen Stundenlohn zahlen.
Anerkennungspreise in Höhe von je 250 Euro bekamen die Gemeinden Goldbach und Wildflecken für ihre breiten Basisangebote für Kinder und Jugendliche.
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, der den Vinzenztag mit einem Segen abschloss, drückte den Preisträgern seinen Respekt aus. Ihre Ideen und Engagement, so der Bischof, zeigten, was Kinder und Jugendliche zustande bringen können, wenn man sie nur lässt.
Die Befähigungsinitiative des Deutschen Caritasverbandes