Wenn es Nacht wird in Würzburg, wird es an vielen Plätzen in der Stadt ein wenig ruhiger als am Tag. Nicht so am Bahnhof. Hier treffen beinahe rund um die Uhr Reisende mit den letzten Zügen ein, hier kommen Leute zusammen, die am Bahnhof gestrandet sind oder denen für diese Nacht ein Dach über dem Kopf fehlt. Doch diese Menschen sind nicht allein. Eine wichtige Anlaufstelle für kleine und große Probleme, für einen kurzen Aufenthalt oder einen Schlafplatz für die Nacht ist die Bahnhofsmission der Christophorus-Gesellschaft. Rund um die Uhr geöffnet, bietet sie allen Hilfesuchenden einen Platz zum Ankommen, eine kleine Mahlzeit, einen Schutzraum oder schlichtweg einen Ort zum Reden.
Hilfe und Schutzraum rund um die Uhr
„Unsere Nachtschichten beginnen jeweils um 21:00 Uhr“, berichtet Tina Schieck. Sie ist eine von insgesamt acht Studierenden, die abwechselnd nachts in der Bahnhofsmission ihren Dienst tun. Die 27-jährige Studentin der Sozialen Arbeit berichtet weiter: „Zu Beginn machen wir eine kleine Übergabe mit dem Tagdienst, um uns über darüber auszutauschen, was am Tag anstand, wer sich für die Nacht angemeldet hat oder was im Nachtdienst auf uns zukommt.“ Danach ist unter anderem Zeit für Gespräche mit den Personen, die sich im Aufenthaltsraum aufhalten, um bei Bedarf noch Mahlzeiten für die Besucher zuzubereiten und für zwei Rundgänge, die die Nachtdienstler zu verschiedenen Zeiten über das Bahnhofsgelände unternehmen. „Wir schauen bei unseren Rundgängen nach den Menschen, die am Bahnhof schlafen oder sonst in irgendeiner Weise Hilfe bedürfen“, erklärt David Jung, der seit sieben Jahren bei der Bahnhofsmission tätig ist. Werden die Nachtdienstler auf einen Hilfesuchenden aufmerksam, unterstützen sie schnell und unbürokratisch. „In der Nacht geht es erst einmal darum, die Menschen sicher zu wissen“, ergänzt die 24-jährige Maria Falk, die sich ebenfalls im Nachtdienst engagiert. Am nächsten Tag werden bei Bedarf dann weitere Schritte zur Unterstützung der Hilfesuchenden eingeleitet.
Bis zu vier Nachtdienste übernehmen die Studierenden aus dem Nachtdienst-Team jeweils in einem Monat. „Wir treffen uns einmal monatlich, tauschen uns aus, sprechen gegebenenfalls über besondere Vorkommnisse und teilen unsere Schichten für den nächsten Monat ein“, berichtet Christian Heuser, der erst seit Kurzem im Team der Nachtdienstler ist und begeistert über seine Einätze berichtet. „Das funktioniert super und wir sind alle gerne dabei.“
Zunahme an Hilfsgesuchen
Wie wichtig die Arbeit der Bahnhofsmission rund um die Uhr ist, zeigen auch die aktuellen Zahlen an Hilfegesuchen, so der Leiter der Bahnhofsmission, Michael Lindner-Jung. „Während im letzten Jahr 2022 rund 60.000 Hilfesuchende mit den verschiedensten Anliegen zu uns kamen, rechnen wir in diesem Jahr bis Jahresende mit einem Anstieg um rund 5.000 Besucherinnen und Besucher“, berichtet er. Rund 65.000 Hilfesuchende bei der Würzburger Bahnhofsmission – das sei ein neuer, trauriger Rekord. Dabei sind die Gründe für diesen Anstieg vielfältig. Unter anderem durch den Krieg in der Ukraine, die Fluchtbewegungen und die Inflation habe die materielle und psychische Not der Menschen, die die Bahnhofsmission aufsuchen, deutlich zugenommen.
Dies bestätigen auch übereinstimmend die Studierenden aus dem Nachtdienst, wo die Zahl der Übernachtungen ebenfalls deutlich anstieg: „In den letzten Jahren können wir klar eine Zunahme an Besuchern erkennen, die gleich mehrere Probleme haben, bei denen die Problemlagen komplexer geworden sind. Das war früher nicht so.“
Förderverein spendet für den Nachtdienst
Damit die Rund-um-die-Uhr-Betreuung für Hilfesuchende am Würzburger Bahnhof weiter aufrechterhalten werden kann, hat der Förderverein Bahnhofsmission e. V. an Leiter Lindner-Jung und sein Team einen Spendenscheck in Höhe von 60.000 Euro überreicht. Das kürzlich neu ins Amt getretene Vorsitzenden-Trio um Helmut Lang, Kilian Bundschuh und Andreas Müller übergab den symbolischen Scheck im Rahmen einer kleinen Feierstunde in den Räumlichkeiten der Bahnhofsmission. Lindner-Jung dankte dem Förderverein Bahnhofsmission für die Spende, die zweckgebunden dem Nachtdienst zugutekommt.
Zur Spendenübergabe war neben den beiden Trägerverantwortlichen der Caritas und der Diakone, die mit Domkapitular Clemens Bieber und Dekan Dr. Wenrich Slenczka vertreten waren, auch Würzburgs Sozialreferentin Dr. Hülya Düber gekommen. „Als drei wichtige Stützen der Würzburger Bahnhofsmission“, wie es einer der Fördervereinsvorsitzenden Helmut Lang formulierte, würdigten sie in kurzen Grußworten die wertvolle Arbeit der Bahnhofsmission und freuten sich über die finanzielle Geldzuwendung durch den Förderverein. „Danke, dass die Bahnhofsmission eine Anlaufstelle rund um die Uhr für alle Menschen ist – ganz egal, was sie auch belastet“, brachte es DK Bieber an das Team der Bahnhofsmission gerichtet auf den Punkt. „Und danke an den Förderverein für die großzügige finanzielle Unterstützung.“
Mit Sekt und Häppchen stießen die Vertreter des Fördervereins, die Trägerverantwortlichen und das Team der Bahnhofsmission auf viele weitere Jahre der Bahnhofsmission als wichtige Einrichtung zum Schutz der ärmsten unserer Gesellschaft an.
Theresa Siedler